Mittwoch hatte ich angekündigt, euch heute die wichtigsten Fragen zur Basis in der Bodenarbeit zu beantworten. Eigentlich möchte ich sie euch lieber stellen und wer möchte beantwortet sie erst einmal für sich selbst:

  1. Was bedeutet das Kommando „Steh“, “Halt” oder „Whoow“ für dich und dein Pferd?
    Ich wünsche mir nach dieser Bitte ein Pferd, das mit allen vier Füßen gleichzeitig den Boden berührt und nicht frisst! Egal ob in der Stallgasse, auf dem Sandplatz oder auf einer Wiese. Für mich ist „Steh“ nicht nur irgendeine eigenständige Übung sondern die allerwichtigste überhaupt. Daher lege ich großen Wert darauf, dass meine zwei- und vierbeinigen Schüler sie auch als solche verstehen.Oft wird ein stehendes Pferd so lange als selbstverständlich angesehen bzw. „Gutes Benehmen“ vorausgesetzt, bis es irgendwelche Verrenkungen vollführt, um ein Leckerchen zu bekommen. Dann ist es äußerst wertvoll, wenn „Steh“ eine Lieblingsübung ist und keine ungeliebte (Spaß-)Bremse, die mit negativen Erlebnissen in Form von Zwang oder Druck in Verbindung gebracht wird.
  2. Bleibt dein Pferd gelassen stehen, während du es am ganzen Körper mit deiner Hand bzw. einer Gerte berührst?
    Vorher werde ich es nicht auffordern, sich auf ein Zeichen von meiner Hand, Gerte oder Stimme zu bewegen. Die Form der Berührung ist beim „Steh“ eine völlig andere als bei der Bitte um Bewegung.Meine Körperhaltung signalisiert Entspannung, Pause. Wenn ich merke, dass ich gerade selber nicht entspannt bin ist es eine gute Idee, auf meinen Atem achten und zu schauen, ob meine Schultern entspannt sind. Durchgedrückte Knie zu lösen und „weicher“ zu stehen ebenfalls. Alleine das verändert meist schon die Atmung und macht den ganzen Körper weicher = entspannter. Dein Pferd wird antworten…Besonders für Pferde, die eine Gerte als „Beschleuniger“ kennen gelernt haben, ist das super wichtig. Der Satz „Mein Pferd hat aber Angst vor der Gerte“ löst bei mir schon fast einen Reflex aus: Streicheln, Loben, ganz kurzes Abstreichen mit der Gerte, Aufhören und Loben bevor es ausweicht, Streicheln, Pause, Gerte, Pause, Loben, Gerte…Atmen nicht vergessen… Schultern entspannen… weichen Stand / Knie lockern… Abstreichen…
  3. Wie fein reagiert dein Pferd auf Signale zum Vorwärts, Rückwärts und Seitwärts?
    Unabhängig von der Form des Signales und des Zieles wünsche ich mir ein „Ja, klar, das mache ich doch gerne!“ von meinem Pferd. „Oh nee, nicht das schon wieder…“, „Aaahhh, Hilfe, ich gehe ja schon, bloß kein Stress jetzt“ oder „Hm, frage mich doch morgen noch mal“ sind nicht so meine Lieblingsantworten. Da frage ich mich dann schon, was ich verändern kann, um eine positivere Rückmeldung zu bekommen!Uns selber nach einer Pause in den „Energie-An-Modus“ zu bringen ist der erste Schritt. Wenn wir mit gesenktem Blick, hängenden Schultern und „Scheeerit“ murmelnd los schlurfen werden wir damit nur Pferde in Bewegung versetzen können, die sich sowieso gerade bewegen wollen ;-)Wichtig ist auch, dass das Pferd nicht irgendwie irgendein Körperteil irgendwo hin bewegt und ausprobiert, was du gerade meinst. Es ist schon wichtig, dass es zwischen Vorwärts und Rückwärts, seitlichem Verschieben der Vorhand oder der Hinterhand und einem kompletten Seitwärts von Vor- und Hinterhand unterscheiden kann. Ja, auch das Seitwärts gehört für mich zur Basis-Kommunikation in der Grundschule.All das wird spätestens bei der eigentlich so simplen Übung „Teppich ausrollen“ wichtig, wenn du mehr möchtest als ein Pferd, das wie ein Staubsauger einer Leckerchenspur folgt.
  4. Kannst du die von dir gewünschte Bewegung auch wieder stoppen?
    Theoretisch ist es völlig egal, welches Signal du zum Beenden einer Übung gibst. Hauptsache es ist konstant das selbe, dein Pferd versteht dich und reagiert. Praktisch ist es aber sehr hilfreich schon jetzt zu überlegen, wo eure Reise einmal hingehen soll, welche Übungen aus welchen Bereichen dich reizen, wie ein sinnvoller Aufbau von Stimmkommandos aussehen könnte und ob deine eigenen Bewegungen beim Pferd wirklich das auslösen was du vor hast.Du kannst die Übung aktiv mit einem „Steh“ beenden, was in diesem Fall dann eine Lieblings-Folgeübung ist. Oder du beendest einfach nur deine Hilfe / Signal / Stimmkommando und lobst dein Pferd sobald es die Bewegung beendet hat. Wann was sinnvoll ist sehen wir uns in den kommenden Tagen in den einzelnen Übungen genauer an.Auch hier kommt es wieder viel auf deine eigene Körperhaltung und Energie an!An diesem Punkt spreche ich in meinem Unterricht gerne das Wörtchen „Nein“ an. „Nein“ ist für uns Menschen nicht besonders motivierend, weil wir es als Zurückweisung, Ablehnung, Einschränkung, Begrenzung usw. kennengelernt haben. Für mich ist „Nein“ der Entwicklungshemmer überhaupt. Denn es bietet keine Alternative an! Keine Lösung. „Nein“ ist doof und negativ und bringt uns kein Stück näher Richtung Freude, Erfolg, Lob oder was auch immer uns motiviert. Auch dein Pferd versteht bei einem „Nein“ nicht, was es stattdessen tun soll. Also sag doch einfach was du möchtest 🙂 Steh, Schritt oder was auch immer.
  5. Was geschieht wenn du dein Pferd lobst?
    Egal ob über eine Pause, Stimmlob, Leckerchen oder ein genüssliches Kraulen und Kratzen lobst – versteht dein Pferd, dass es seine Sache gut gemacht hat und genießt das Lob? Viele Pferde verstehen mit der Zeit, dass ihr Mensch sich offensichtlich freut, wenn er es mit der Hand abklatscht. Aber angenehm ist es ihnen erst einmal nicht. Auch wenn dein Pferd sich bei jedem Stimmlob sofort auf deine Hand stürzt weil es ein Leckerchen erwartet kannst du noch etwas am Loben feilen.Welches Lob am besten wirkt ist von Pferd zu Pferd sehr individuell, lässt sich aber trotzdem verändern. Auch kleine Krokodile können lernen, auf ein Leckerchen zu warten. Solange ein Pferd bettelt und drängelt bekommt es nichts. Und wer in meinem körperlichen Nahbereich drängelt, mit der Nase schubst, Taschen ankaut usw. geht 3 Schritte zurück, ist somit nicht mehr in meinem Nahbereich und kann mich weder anknabbern noch rumschubsen. Punkt.Frage dein Pferd doch einfach mal, welche Form von Lob ihm am besten gefällt. Und biete ihm in unterschiedlichen Situationen verschiedene „Dankeschön, das war toll“ an. Dann schaue hin, was ihm am besten gefällt.
  6. Und wenn du mit Leckerchen belohnst: Wie machst du das?
    Ich persönlich füttere generell nur das gerade stehende Pferd direkt vor seiner Nase. Wenn es bettelt schiebe oder schicke ich den Kopf deutlich von mir weg. So versteht es sehr schnell, dass es nichts bringt mich anzubetteln. Aber es bekommt evtl. ein Leckerlie, wenn es ruhig und gerade steht und abwartet. Mit allen vier Füßen gleichzeitig am Boden. Ihr erinnert euch an die Übung „Steh“? 😉 Gutes Benehmen lohnt sich also!!!

Wenn diese Fragen aus dem Kindergarten für Pferde geklärt sind bereiten Zirkusspiele allen Beteiligten viel Freude, lockern die tägliche Arbeit auf, bringen eventuell noch offene Grundsatzfragen ans Licht und verfeinern die Kommunikation incl. Hinhören und Reinfühlen bei beiden Partnern.Oft erhalten wir über die Zirkusspiele Antworten und Lösungsansätze zu Problemen im täglichen Umgang oder beim Reiten. Auch Pferde mit “Vorgeschichte”, die sich Menschen gegenüber verschlossen haben, überängstlich sind oder aggressiv reagieren öffnen sich meist sehr schnell und finden Freude an dem gemeinsamen Hobby Zirkus-Spiele und Zirkuslektionen.Was uns in 5 oder 6 Monaten begeistert wissen wir heute alle noch nicht. Aber eine gedankliche Richtung gibt es sicher. Um diese dreht sich meine Frage im nächsten Kapitel. Das steht euch am Montag den 2. November hier zur Verfügung! Bis dahin bin ich gespannt auf euer Feedback, Anregungen und Wünsche. Habt ein schönes Wochenende mit euren Pferden!

(Pferde-Menschen-Dialoge, Mona Schäfer, 30.10.2015)