Ich persönlich sage oft „Florina und ich haben toll gearbeitet“ und das mit einem Strahlen im Gesicht und einem super Gefühl. Sie steht dann neben mir am Koppeltor, habt es gar nicht eilig von mir weg zu ihrer Herde zu kommen und fragt oft mit Blicken „Kommst du nicht mit?“ Für uns ist „arbeiten“ nicht negativ belegt, wir haben beide Freude daran. Spielst du mit deinem Pferd?
Aber wenn mich jemand „Spielst du mit deinem Pferd?“ fragt, ist meine Antwort meistens Nein. Wir „daddeln“ viel und gerne und ich bin definitiv ein Spielkind. Aber es gibt Richtungen in der Pferdeszene die von sich sagen, dass sie mit ihren Pferden spielen und ich empfinde das ganz anders, wenn ich es sehe.
Für viele Menschen ist das Wort Arbeit mit sehr viel Angst, Druck, Zwang und Freudlosigkeit belegt. Der Satz „Ich muss doch arbeiten, sonst kann ich meine Rechnungen nicht bezahlen“ treibt sie jeden Morgen aus dem Bett. Der Spiegel schrieb 2013, dass sich die Zahl der Anti-Depressiva-Verordnungen der Erwerbstätigen seit 2000 verdreifacht hat. In dieser Grundstimmung dem Wort Arbeit gegenüber ist ein Arbeiten mit dem Pferd in Freude und Kreativität natürlich nicht möglich. Und es ist nicht immer ganz einfach, diese Grundeinstellung im Auto zu lassen, wenn man nach einem langen Arbeitstag das Auto vor dem Stall parkt und sich auf den Feierabend mit Pferd freut.
Viele Menschen versuchen dieses Wort aus ihrer Sprache rund ums Pferd zu verbannen und verbiegen sich permanent anstatt sich einmal mit ihren eigenen Altlasten in diesem Bereich auseinander zu setzen. Wenn auch für dich das Wort Arbeit und das Zusammensein mit Pferden nicht zusammen passen lohnt es sich sicher, den Grund dafür heraus zu finden, Frieden damit zu schliessen und diese 6 Buchstaben mit einem neuen Sinn zu versehen.
Mit offenem Herzen spielen wir besser…
Gemeinsam mit meinem damals 12 Jahre alten Pflegemädchen für meinen Schimmel Lukas schaute vor vielen Jahren einer Horsemanship-Trainerin zu. An ihre spontane Frage erinnere ich mich heute noch und sie ist leider auch 15 Jahre später noch aktuell: „Warum sagt die sie würde spielen? Das Pferd hat doch keinen Spaß. Warum ist die so grob?“ Wie in jeder anderen Sparte gibt es auch im Horsemanship Menschen, die mit dem Herzen sehen und spielen – und andere.
Bei wirklichen Spielen gewinnen Mensch und Pferd gleichzeitig
Eine liebe Kollegin nannte mich einmal „Tüddeltante“ und meinte das sicher sehr viel abwertender als ich es aufgefasst habe. Ich selber beschreibe mich sehr gerne als „Spielkind“. Deshalb mag ich Dr. Gerald Hüther so sehr, der für Spiele plädiert, bei denen es keine Verlierer gibt!
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Gerald Hüther plädiert für Spiele, bei denen es keine Verlierer gibt
In diesem Vortrag erzählt er, wie er sich selbst auf eine sehr spielerische Art darin geübt hat, sein Fachwissen über die Hirnforschung so zu formulieren, dass es auch ein Pfarrer, ein Lehrer, eine Kindergärtnerin usw. verstehen. Dieses Bild hat mir wirklich gut gefallen. Es erinnert mich daran, wie viele Menschen erwarten, dass ihre Pferde sie verstehen, obwohl sie eine sehr komplizierte und widersprüchliche Sprache sprechen.
Spielerisch und mit Entdeckerfreude die Welt erkunden und eine gemeinsame Sprache entwickeln ist für mich das schönste überhaupt. Natürlich kommen wir dabei zu Ergebnissen. Manchmal habe ich vorher auch Ziele gehabt. Den Weg zu diesem Ziel finden wir gemeinsam.
Dr. Gerald Hüther sagt ganz klar: Damit unser Gehirn „anspringt“ muss das, was wir tun, unter die Haut gehen, es muss Freude machen und im Hirn müssen die emotionalen Zentren im Mittelhirn angehen. Geschieht das, wird ein Cocktail von Botenstoffen ausgeschüttet, der im Alltags-Funktions-Modus nicht raus kommt. Diese neuroplastischen Botenstoffe nennt er „Dünger fürs Gehirn“!
Ein faszinierendes Interview zum Thema Spielen hat er in der TV-Sendung „aspekte“ gegeben. In der ZDF-Mediathek ist es nicht mehr zu finden, dafür aber hier: Dr Gerald Hüther über den Wert von Spielen. (23 Minuten) Oder die Kurzfassung Rettet das Spiel (3 Minuten)
Als Kinder spielten sich in unserem Hirn 50 – 100 Mal am Tag wahre Begeisterungsstürme ab wenn wir uns mit dem beschäftigen durften, was uns wirklich Freude bereitet hat. DARUM haben wir in unserer Kindheit so rasend schnell gelernt. DESHALB macht es keinen Sinn, eine Übung wieder und wieder und wieder zu „üben“, bis unser Pferd sie endlich versteht.
Seltsamer Weise kann ich das in meinen fortgeschrittenen Alter von 50 Jahren immer noch bzw. wieder ganz gut. 😉 So hat Florina mir vor gut 10 Jahren ihre Ideen für die freie Bodenarbeit und die freie Springgymnastik übermitteln können: Wann immer Stangen oder Cavaletti in der Bahn standen, hat sie Ehrenrunden gedreht, um sie mit einzubeziehen. Ein gegenseitiges Geben und Nehmen von Ideen, die uns immer zu viel Freude geführt haben!